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Visuelle und Aurale Repräsentation von Identität in Albanien

Visuelle und Aurale Repräsentation von Identität in Albanien

Das vorliegende interdisziplinäre Projekt wird versuchen, den vorherrschenden Text- orientierten Diskurs über Identität zu ergänzen und zielt deshalb auf die Erforschung der spezifischen auralen und visuellen Aspekte von Identität. Die Konstruktion von Identität soll anhand ihrer reproduzierbaren Darstellungsformen, dem Foto und der Tonaufnahme, untersucht werden. Bei der Analyse dieser kulturellen Kodifizierung durch Bild und Klang werden sowohl theoretische Ansätze als auch Methoden der visuellen Anthropologie, der Medienethnologie und der Musikethnologie angewandt werden. Grundlage für die Arbeit bilden zwei ethnographische Feldstudien in den Regionen Mirdita (Nordalbanien) und Zagoria und Dropull (Südalbanien). Als Feldforschungsorte werden bewusst zwei Gebiete gewählt, die als repräsentativ für die Identitätsbildung in Nord- bzw. Südalbanien gelten aber gleichzeitig eine interne Vergleichbarkeit aufweisen. Die Feldforschung konzentriert sich auf die Sammlung von empirischen Daten sowie Bild- und Tonaufnahmen und der Durchführung von geführten Interviews und teilnehmender Beobachtung, die Aufschlüsse darüber geben sollen, wie Bild- und Tonaufnahmen individuell und kollektiv in lokalen Kontexten interpretiert werden und zur Identitätsformation beitragen.

Identität im Spiegelbild historischer Fotografien

Im Teilprojekt zur visuellen Konstruktion von Identität wird Andreas Hemming, mittels „photo illicitation interviews“ die visuellen Codes identifiziert und kategorisiert werden, auf deren Grundlage Albanerinnen und Albaner Urteile über sich „Selbst“ und die „Anderen“ treffen.
Um dies zu realisieren geht es in den Interviews zum Beispiel um Fragen nach der heutigen Einschätzung der historischen Beziehung von Albanien zum Westen oder von Clan- und Familienstrukturen sowie deren Bedeutung für den Einzelnen und das Kollektiv. Die Darstellung der Prozesse die zur Aufnahme, Übernahme, Adaption oder Ablehnung dieser Selbst- und Fremdbilder führen, bildet dabei den Kern des Projekts.
Das verwendete Bildmaterial umfasst vor allem Schwarz-Weis-Aufnahmen aus den 1930er und 1940er Jahren. Diese Aufnahmen sind zeitlos in dem Sinne, dass sie zeitlich und auch inhaltlich oft nicht einwandfrei einzuordnen sind. Dadurch öffnen sie für den Betrachter Interpretationsspielräume.

Migrationslieder im Epirus

Klang und in besonderer Weise Gesang als symbolische und sozial bedeutungsvolle Praxis bietet vielfältige Möglichkeiten gemeinsame kulturelle und soziale Werte auszudrücken um sich selbst im Verhältnis zur nationalen und lokalen Geschichte und in Abgrenzung zu den konstruierten „Anderen“ zu definieren. Die Form dieser Selbstdefinition ist häufig abhängig von individuellen Motivationen der Sänger, Aufführungskontexten und historischen Rahmenbedingungen. Als besonders geeignetes Repertoire für die Analyse dieser Konstruktionen und Aktualisierungen mythologisierter albanischer Geschichte wurde das Repertoire der Emigrationslieder (këngë kurbeti) gewählt. In ihnen verknüpfen sich individuelle und kollektive Erfahrungshorizonte der Emigration vor dem 2. Weltkrieg mit denen der post-sozialistischen Vergangenheit. Die Transformation und Medialisierung dieses Repertoires während der Hoxha-Diktatur von einer traditionellen lokalen Gesangspraxis zu einem staatlichen gesteuerten Folklorismus wird von Eckehard Pistrick in einem Vergleich eigener (2004/2006) und historischer Tonaufnahmen (1957) untersucht.

Zielsetzung

Das Gesamtprojekt konzentriert sich auf 1. einen Vergleich zweier Kommunikationsmedien: der Photographie und der Tonaufnahme; 2. die Untersuchung der spezifischen Anwendung von audiovisuellen Kategorien in der Konstruktion von Identität; 3. die Diskussion der heutigen Eigenrezeption von sowohl historischen als auch zeitgenössischen auralen und visuellen Darstellungen von Albanern und Albanien; und 4. die Erstellung einer Grundlage für weitere Forschungen die sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen lokalen und translokalen, offiziellen und inoffiziellen Identitätsmerkmalen oder Codes beschäftigen.Damit soll nicht nur die extern ausstrahlende, durch den „Balkanismus“ (Todorova in Anlehnung an Said) geprägte Stereotypisierung wissenschaftlich betrachtet werden, sondern vor allem auch die interne Rolle und Reflexivität von Bild und Ton bei der eigenen Identitätsfindung untersucht werden. Die Debatte um postsozialistische Identitätsfindung, die von einem historischen, geopolitischen und ökonomischen Diskurs beherrscht wird, soll auf diese Weise um den Blickwinkel der medienkulturellen Konstruktion von Identität bereichert werden. Das Projekt wird somit zum besseren Verständnis des dynamischen Prozesses der Identitätsbildung beitragen.

Dieses Projekt ist abgeschlossen.

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